Ich sitz gern auf Bäumen

Zeitungsausschnitt mit Bild von Lotte

Lotte Llacht belebte am Freitag mit Erzähltheater den Botanischen Garten – Eröffnungsevent des Kulturbüros nach langer Corona-Pause

"Bäume sind uns so nah", stellte Lotte Llacht bei ihrem neuen Projekt "AufBäumen" heraus und umschrieb damit das Motto ihres Erzähltheaters, das sie am Freitag im Botanischen Garten aufführte. Es war das Eröffnungsevent nach der Lockdown-Pause für das Kulturbüro.

Lotte Llacht sprach lebendig von vielen Beobachtungen aus ihrem Leben und aus Burghausen, wie etwa von ihrem ersten Baum, einem Kirschbaum am Herkomer Platz in München, der zum mit Schulfreunden geteilten Stammplatz wurde. Oder dem geliebten Kastanienbaum und schließlich dem Walnuss-Baum im Garten am Burghang. Dessen Geschichte entsinnt sie sich, beginnend in der Zeit des Österreichischen Erbfolgekriegs, als just an diesem Burghang der Kaminkehrermeister Franz Karl Cura die Burghauser Burg von den österreichischen Truppen befreite. Aus der vorgeblichen Angst heraus, der am Hang instabil scheinende Walnussbaum würde im Sturm krachend umgeknickt sein, entwickelt die Künstlerin mit der umgestürzten Esche den Weg hin zu den drei an diesem sehr gelungenen Abend ausgebreiteten Weltschöpfungsmythen. Zum Einen der Geschichte der Weltenesche aus der nordischen Saga der Edda. Mit lauter Stimme und skandinavischen Tönen steigert sich die immer in Bewegung bleibende Künstlerin in die passende Mimik und Gestik, so dass das Publikum ihr gebannt folgt.

Genauso spannend wird es bei der selbst erlebten Baumbesetzung am Stuttgarter Hauptbahnhof, wo Lotte Llacht gemeinsam mit Robin Wood gegen die Fällung alter Kastanien im Schlosspark demonstrierte. Bei der Aktion der Wasserwerfer platzten dann die Kastanien reihenweise auf, so dass die Polizei irrtümlich einen Beschuss durch die Aktivisten vermutete und hier sogar eine komische Wendung entsteht, die Lotte Lacht dann gegen die verantwortliche Politik und gegen den Machbarkeitswahn in Beton wendet. Somit wird es immer wieder lustig, schon gar, als sie mit schwäbischem Akzent ein "Lob des Harveschters" als Baumfällmaschine aus einem Originalwerbeprospekt verliest.

Aber auch lernen lässt sich viel während des Programms, zum Beispiel dass die nächste Schöpfungsgeschichte der neuseeländischen Maori sich aus einem Baum heraus entspinnt oder dass der europäische Speiseapfel nicht in der Genesis der Bibel gemeint sein kann. Vielmehr müsse es der Granatapfel mit seinen süßen, verführerischen Aromen und Früchten sein, so die belesene Künstlerin.
Selbst für einen Baumwitz ist sich Lotte Llacht nicht zu schade ("Kommt eine Kiefer zum Zahnarzt") und stellt so immer wieder einen engen Kontakt zu den Zuhörern her, der sich erst recht bei dem Thema Lebensbaum ergibt, denn: Zwei Anwesende bekamen tatsächlich zu ihrer Geburt einen Baum gepflanzt.
Ein Trinkspruch am Schluss zeigte stellvertretend, wie gekonnt die Bezüge der Menschen zu den Bäumen ausgesucht wurde: "Trinken wir auf die Bäume, die einmal unsere Särge werden wollen. Mögen sie noch lange leben." So ist es kein Wunder, dass der äußerst kurzweilige Abend in luftiger, grüner Umgebung das auf Abstand sitzende Publikum zu einem lang andauernden Applaus veranlasst hat. Und genauso zufrieden verzeichnet das Kulturbüro ein erfolgreiches Eröffnungs-Kulturevent nach den langen Monaten in der Pandemie. Lotte Llacht ist somit in ihren Elementen, die Kulturinteressierten in seligem Genuss und die Stadt Burghausen im Durchstarten zu neuen kulturellen Erlebnissen nach der Zeit des Verzichts.

Stefan Angstl in Opens external link in new windowBurghauser Anzeiger 6.6.2021
mit freundlicher Genehmigung